zwei Gastbeiträge von Peter Ripota: Sexistische Anmache: Was kann man dagegen machen? (Teil 2)


Im ersten Teil seiner beiden Gastbeiträge legte Peter Ripota schon diverse Fragen zum Thema "Leitlinien im zwischen-mann-frau-menschlichen Bereich" auf den Tisch. Heute präsentiert er uns Vorschläge zum Umgang miteinand'. 
Viel Vergnügen und Bühne frei für Peter!

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Sexistische Anmache: Was kann man dagegen machen?


Das letzte Mal ging es um unterschiedliche Auffassungen von Bemerkungen, die als Kompliment oder als Beleidigung aufgefasst werden können.

Doch wenn Beleidigung: Was hilft dagegen?

Ob etwas sexistische Anmache oder freundliches Kompliment ist, liegt manchmal im Auge des Betrachters. Wenn der sich aber angegriffen fühlt, was tun?
 
Die Antwort ist einfach: Sofort reagieren, freundlich und bestimmt.

Nur dann ist eine Wirkung möglich, Beleidigtsein hilft nichts, Schmollen auch nicht.

Aber wenn das Gegenüber Autorität besitzt und eine Konfrontation problematisch wird?

Dazu hat die jüdische Schriftstellerin Hanna Ahrendt Kluges gesagt. In einem SPIEGEL-Essay (Ausgabe 6/2013) wird sie von Elke Schmitter folgendermaßen zitiert:

Man muss sich wehren. Wenn etwa von meinen Lehrern antisemitische Bemerkungen gemacht wurden, dann war ich angewiesen, sofort aufzustehen, die Klasse zu verlassen, nach Hause zu kommen, und alles genau zu Protokoll zu geben. Dann schrieb meine Mutter einen ihrer vielen eingeschriebenen Briefe.

Aber:
Wenn es von Kindern kam, habe ich es zu Hause nicht erzählen dürfen. Das galt nicht. Was von Kindern kommt, dagegen wehrt man sich selber.

Erstaunlicherweise hat die Wissenschaft die Wirksamkeit der sofortigen Reaktion auf Unangenehmes bestätigt. Der amerikanische Politologe Robert Axelrod lud eine Reihe von Mathematikern, Computerwissenschaftlern, Programmieren, Spieltheoretikern, Physikern und Psychologen ein, sich an einem Wettbewerb der besonderen Art zu beteiligen. Jeder sollte ein von ihm selbst geschriebenes Computerprogramm in BASIC abliefern, das bestimmte Verhaltensweisen (egoistisch, betrügerisch, kooperativ, verzeihend, usw.) simulieren sollte. Diese Programme sollten dann gegeneinander antreten, jeder gegen jeden. Wer am Ende die meisten Punkte eingesammelt hatte, sollte Sieger sein.

Wie kann man so etwas Komplexes wie menschliche Verhaltensweisen auf einem Computer simulieren, noch dazu mit einer so einfachen Programmiersprache wie BASIC? Kein Problem, man muss nur den Mut haben, die Welt so einfach darzustellen, dass sie in ein paar BASIC-Zeilen passt und dennoch die Wirklichkeit halbwegs realistisch widerspiegelt. Dazu wird das Ganze als strategisches Spiel betrachtet, mit Gewinn und Verlust, je nachdem, wer mit wem zusammentrifft.

Und das geht so:
Erst teilt man die Individuen der Computerwelt in zwei Klassen ein: solche, die ehrlich sind und gerne kooperieren. Sie erhalten das Etikett "E" (für "ehrlich"). Die anderen mogeln: Sie tragen das Erkennungszeichen "M".

Treffen nun zwei Individuen aufeinander, so verhalten sie sich gemäß ihrer Strategie, ohne dass sie wissen, was der andere macht.

Als nächstes gibt es Belohnungen und Bestrafungen. Treffen zwei Ehrliche aufeinander, erhält jeder 3 Punkte. Treffen zwei Mogler aufeinander, erhält jeder von ihnen nur einen Punkt. Trifft ein ehrliches Individuum auf einen Mogler, erhält der Mogler 5 Punkte, der andere gewinnt nichts oder verliert sogar einen Punkt.

Wie man sieht, gibt es keine Strategie, die von vornherein die meisten Punkte sammelt. Immer mogeln würde nur lohnen, wenn der andere immer ehrlich ist.

Erstaunliches Resultat: Das einfachste Programm mit Namen "Tit for Tat" (Wie du mir, so ich dir") wurde Sieger. Auf einen freundlichen Gegner reagierte es freundlich, auf einen betrügerischen Gegner mit Betrug - aber immer erst nachher, denn vorher war das Verhalten des Opponenten ja unbekannt. Danach verzieh das Programm und war weiterhin kooperativ; es 'schmollte' nicht.

Erstaunlich: Kurzfristig war "Tit for Tat" der Verlierer, langfristig der Gewinner. Es kommt eben auf die richtige Mischung an. Gefragt ist eine geschickte Kombination aus Optimismus ("Die Menschen sind von Natur aus ehrlich"), Realismus ("Es gibt auch Betrüger") und Flexibilität ("Ich passe mich dem anderen an"). Ob wir daraus etwas lernen können?

-Peter Ripota-
www.peter-ripota.de

Peter Ripota, Jahrgang 1943, studierte Physik und Mathematik an der Technischen Hochschule Wien. Er schrieb zahlreiche Bücher über esoterische Themen ("Die Geburt des Wassermannzeitalters", "Metamorphosen der Liebe", "Heilung aus dem Chaos") ebenso wie über die Mängel der modernen Physik ("Mythen der Wissenschaft"). Seit den frühen 1990-er Jahren ist er dem Tanz aus Argentinien verfallen. Zusammen mit seiner Frau Monika veranstaltet er eine monatliche Tango-Tanzveranstaltung in Freising (Bayern).
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Dankeschön an Peter Ripota!

Herzliche Grüße und bis bald,
Manuela Bößel

zum neuen Blog: www.tangofish.de

Kommentare

  1. Was hier "geschickte Kombination" genannt wird, ist nichts weiter, als Fairness mit Konsequenz: Positiv auf andere zugehen, aber Missbrauch des Vertrauensvorschusses konsequent und angemessen abstrafen.

    Ein Bericht über die Computersimulation stand etwas ausführlicher in Spektrum der Wissenschaft, August 1983.
    http://www.peter-becker.de/Fundgrube/Psycho/Metamagikum.htm

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    1. Lieber Peter,

      ja, "Fairness mit Konsequenz" ist die trefflich formulierte Quintessenz!

      Danke - auch für den sehr lesenswerten Link.

      Herzliche Grüße,
      Manuela

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  2. Robert Wachinger13. Mai 2016 um 16:08

    Ich gebs zu: ich bin ein Böser.

    Ich verwende gelegentlich Provokationen zum Test meines Gegenübers.
    Reagiert dieses dann m.E. "unangemessen" (beleidigt, #Aufschrei und was es so alles gibt), dann weiß ich: hier ist jemand nicht mit mir kompatibel. Und ich werde den zukünftigen Umgang deutlich einschränken (sofern mich das Gegenüber nicht schon von sich aus meidet ...). ;-)

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    1. Lieber Robert,

      tja, dann sind wir bei der Definition von "böse" angelangt ;)

      Ist es denn wirklich "böse", die Reaktion des Gesprächs- (oder gar Tanz-) Partners zu testen?
      Die "Provokation" könnt' ja auch eine Neckerei sein, eher spielerisch mit leicht aggressiven Zwischentönen, wie ein Breakdance-Battle.
      Da entstehen manchmal erstaunliche Impulswirbeleien: 1+1=viele (nicht "nur" 2), die den Blickwickel und die eigene Komfortzone weiten... spannend...

      Ist es das Einlassen-Können einer Person auf solche Situationen, was du mit (Wachinger-)"kompatibel" meinst?

      Fies wird's - so meine Meinung - wenn der andere persönlich runtergemacht, verletzt oder lächerlich gemacht wird. Das muss echt nicht sein.

      Herzliche Grüße an den "Bösen",
      Manuela (auch nicht wirklich "lieb" ;)

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    2. Robert Wachinger16. Mai 2016 um 12:22

      Liebe Manu,

      dein erster Satz hätt glatt von mir sein können (ich bevorzuge es (im nicht-spielerischen Umfeld), wenn die Begriffe eine klare, feste Bedeutung haben. Das bedeutet dann allerdings auch, dass man u.U. "logisch festgenagelt" werden kann).

      Einfaches Beispiel für "kompatibel": wenn jemand mit dem gleichen Schalk im Nacken zurückschiessen kann (z.B. ich sag was "frauenfeindliches", sie darauf was "männerfeindliches", ohne todernst beleidigt zur Frauenbeauftragten zu rennen ;-) ).
      Auf die Frage von Peter oben: "Ob etwas sexistische Anmache oder freundliches Kompliment ist, liegt manchmal im Auge des Betrachters. Wenn der sich aber angegriffen fühlt, was tun?"
      Meine Antwort: ganz einfach, Kontakt mit dieser Person nach Möglichkeit wegen "Inkompatibilität" einstellen. Erspart einem viel Stress.

      Ciao, Robert
      PS: so wie du tanzst ist klar, dass du "nicht wirklich lieb" bist ;-))

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Aktualisiert am 15.10.19