Krise im Vorstand!
Endlich! Die Ablöse kommt!
Der Pausenclown seufzt erschöpft. Obwohl er schon seit 87 Jahren, 3 Monaten und 15 Tagen in Männerhirnen arbeitet - also eine gewisse Routine und Erfahrung vorweisen kann - muss er zugeben: Die Schicht heute war wirklich anstrengend. Im Umfeld scheint sich Krieg anzubahnen: Ein pausenclownleistung-induzierendes Stichwort folgt aufs nächste! Dabei sind es doch nur ein paar wenige, doch genau vom Vorstand ausgearbeitete, standardisierte Reaktionseinleitungen:
1. „Schatz, wir müssen reden!...“
2. „Kannst du endlich mal... (den Müll runterbringen, Rasenmähen o.ä.)“
3. „Welches Kleid (Schuhe, Hose o.ä.) findest du besser?“
4. „Hab ich zugenommen?“
5. „Nie hörst du mir zu!“
6. „Liebst du mich noch?“
Aber heute prasseln sie herab wie der Duschregen in den Tropen, und unser Clown unfugt in Schleife - wieder und wieder und wieder stolpert er über seine Latschen und patscht mit der Nase in die Torte zum Vergnügen des Gehirnbesitzers. So bleiben die Sätze 1-6 dort, wo sie hingehören, nämlich außerohrisch. Verstehen unnötig, da kratzt dich nix!
Der Indianer mit Zwergpony bekommt eine kurze Übergabe, Kaffeekochen müssen die beiden heute selber. Pausenclown kämmt sich die roten Locken zum Pferdeschwanz, hängt den lustig buntscheckigen Strampelanzug in seinen Spind und bindet sich im Gehen die Krawatte. Drunter trägt er immer Anzug mit ein wenig Polyester im Gemisch, dann knittert's nicht gar so. Unser Freund muss zur Vorstandssitzung. Der Raus-aus-dem-Männerhirn-Aufzug zuckelt gemächlich, in der Ecke duftet ein Ponyapfel. „Die beiden haben‘s gut, fette Schichtzulage wegen Liebesfilm im Fernsehen...“
Der Vorstand, zwanzig altgediente Männerhirn-Bühnenbespieler, sitzen um den runden Tisch. Es herrscht hochnervöser Tumult. Die Horde plärrt laut durcheinander und rauft sich die Haare - so vorhanden. Nur Fantomas bohrt versonnen in der Nase. Pausenclown fragt ihn, was denn los sei. Fantomas schnippt ein nasales Fundstück beiseite und reicht die kopierte Tagesordnung weiter. Dann stellte er sich hinter den Clown, um den inzwischen Bewusstlosen aufzufangen. Zwei, drei Nasenpumper und ein Guss Zitronenlimonade ins grauschreckkranke Angesicht genügen: Mission Wiederbelebung erfolgreich! (Wofür sollen die roten Quietscheballnasen denn sonst gut sein?)
Kann das sein? Einführung der Frauenquote bis 2018?
F R A U E N Q U O T E?
Wie soll denn das gehen? In einem Frauenhirn arbeiten? Frauenhirne liegen am anderen Ende des Universums! Das ist Dschungel! Wildnis! Verdammnis! Ist je einer aus einem Frauenhirn zurückgekehrt? Nein! Und nicht nur deswegen, weil noch keiner dort war! Das ist irrelevant! Und wer hat diesen Quatsch eigentlich angeschafft?
Gesetz? Ach, war schon zur Prüfung am Bundesverfassungsgericht? Ist durch?
Kann man nix machen?
Kann man nix machen.
Megakompliziert! Dort, in so einem Nicht-Mann-Hirn kannst nicht einfach aufs Stichwort anfangen zu arbeiten. Ja, die Extern-Experten-Kommission hat schon gesammelt und ausgewertet: Anzahl der relevanten pausenclownleistung induzierenden Stichwörter von Null bis unendlich, ergo nicht erfassbar, nicht kategorisierbar, nicht auswertbar.
„Vorschläge, meine Herrn?“ Plötzlich ist es so still, dass man Don Corleones Katze schnurren hört - wie immer, wenn der Pate das Wort ergreift. „Yeah! Brainstorming!“ Donkey Kong klettert über den Tisch und die Beisitzer zum Whiteboard. Vor lauter Aufregung verliert er ein paar Pixel, die Reagge-Man im Joint verbaut.
Zwei Stunden später ist die Tafel zwar vollgekritzelt. Brauchbare Vorschläge sind selbstverständlich nicht dabei. Das haben alle so erwartet - ist ja schon lange genug wissenschaftlich erwiesen, dass diese Methode dramaturgisch wertvoll, aber leider vollkommen ineffektiv ist und bleibt. Was soll‘s? Hat Mann schon immer so gemacht, in der Meute „denken“. Anschließend bestimmt der Bestimmer unabhängig von den Ergebnissen das weitere Vorgehen. Das ist Tradition und Tradition ist unantastbar.
Pinkelpause!
Ganz gegen seine Gewohnheiten gesellt sich Nurejev ans Sanitärwandgerät neben Don Corleone. Der Tänzer gilt als eigenbrötlerischer Sonderling in der Zunft. Er wird selten für Auftritte auf Männerhirnbühnen gebucht.
„Chehef?“ flüstert er schüchtern.
„Pronto?“
"Darf ich was fragen?"
"Si, si!"
„Die XX-Galaxie ist uns doch total fremd, richtig?“
„Fremd und gefährlich! Zona estremamente pericolosa!“
„Über die wesentlich weniger differenzierten Männerhirne liegen uns dagegen haufenweise evidenzbasierte Studien vor, richtig?“
Der Don tröpfelt angestrengt. Plitsch.....Plih-hitsch....pli....
„Wie wäre es, wenn wir die Handlungsstandards für unsere Mitglieder anhand des uns ja bestens bekannten Verhaltens der Männer definieren? Also keine Stichwortliste wie bisher benutzen, sondern einen männlichen Verhaltensmodus als Impuls festlegen?“
Man schüttelt ab, richtet die Suspensorien.
„Welchen Modus?“
„Ich würde vorschlagen Mansplaining.“
„Cosa???“
„Herrklären halt. Aber Mansplaining klingt cooler. Wie eine Superheldenmission...“ Das Wort hängt einen Augenblick rosa puckernd vor den Fliesen bis es mit einem sanften "Pling" verschwindet.
Der Pate versteht: "Dafüä du bisse miä eine Gefallen schuldig, ragazzo...", lächelt und besiegelt den Vorschlag mit dem Italienergriff. Das bringt Glück. Das brauchen sie jetzt. Und zwar alle.
Im Saal geht dann alles ganz schnell: Ein Marktforschungstrupp soll die Lage im XX-Universum erkunden, drei Monate später ausführlich Bericht erstatten. Ziel der Mission sind möglichst zahlreiche pausenclownische Bühnenauftritte in Frauenhirnen während des Mansplainingprozesses. Als Freiwillige werden die sieben Zwerge bestimmt - Qualifikation Schneewittchenkontakt. (Ob selbiges die regelrechte Chromosomenausstattung besaß, kann leider nicht mehr verifiziert werden.) Ebenfalls freiwillig soll unser Pausenclown die Exkursion strategisch planen, umsetzen, nachbereiten und bei der nächsten Vorstandssitzung die Ergebnisse referieren.
Das Plenum ist zufrieden. Die TOPs 2 und 3 „Kundenanalyse“ und „Bedarf“ werden einstimmig gestrichen. Gegessen wird, was auf den Tisch kommt! So zieht die Meute geschlossen und schulterklopfend in die nächste Kneipe, wo das Feierabendbier wartet.
Nur der Pausenclown fährt heim: Die Arbeit ruft!
Drei Monate später
Alle Plätze im Sitzungssaal sind belegt. Heute sind wirklich alle erschienen. Schließlich geht es um die Zukunft der Zunft! Um Ruhm und Ehre, Heldentaten, Abenteuer! Und, ach ja, diese blödsinnige Frauenquote.
Unser Pausenclown steht am Rednerpult, sortiert seine Handzettel mit den Stichworten zum Vortrag. Unangenehme Sache. Wenigstens hat er für die Zwerge noch einen Kosmetiktermin bekommen, sonst würde seine Präsentation komplett abschmieren. Die Krawatte zwickt. Schweiß klebt die Locken an die Schläfen.
Saallicht aus - Spot an - Einmarsch der GSG 7!
Applaus! Tusch! Standing ovations für die Dschungel-Pioniere!
Jeder der Heimgekehrten bekommt einen feierlichen Handschlag vom Don, eine gerahmte Urkunde und ein Paar Turnschuh. Dann werden sie von zwei würdigen Butlern (James and James) hinausbegleitet.
Der Pausenclown wirft ein Kuchendiagramm nach dem anderen an die Wand, versucht verzweifelt die Nichtaussagekraft der gesammelten Daten mit einem Haufen sahniger Wörter zu überdecken.
Er kann ja auch nichts dafür, dass die Mission keine, aber auch gar keine relevanten Ergebnisse brachte.
Mansplainig ist doch so eine klare Sache! Sogar in Gerhards Tangoreport steht ein ausführlicher Artikel darüber. Warum lesen den die Frauen denn nicht einfach mal? Dann wäre alles einfacher...
In den XX-Gehirnen geschahen - während sie dem Mansplaining-Prozess ausgesetzt waren - vollkommen unkategorisierbare Aktionen: Da wurden Einkaufslisten zusammengestellt, über den Geburtstag der Schwiegermutter oder die Schulnoten der Kinder nachgedacht, die zähe Konsistenz des Steaks wahrgenommen, über den Ausgang des momentan gelesenen Romans sinniert, aus den Augenwinkeln eine (zutreffende!) Beziehungskonstruktanalyse aller Anwesenden erstellt, thematisch relevante Fragen erarbeitet - um nur einige Beispiele zu nennen. Nicht wenige Exemplare hörten den Herrklärern wirklich höflich zu! Obwohl die Mitglieder der heldenhaften GSG 7 mutig jede Anstrengung unternahmen, um den Frauenhirnen die Mansplaining-Situation darzutun.
Ergebnisse der Mission in Zusammenfassung:
- Mansplaining wird im Reich der Frauen selten als solches erkannt.
- Falls doch, wird Selbiges toleriert, Verunstimmung durch alternative, jedoch wirkungslose Strategien kompensiert.
- Pausenclownleistungen als Antwort auf Mansplaining konnten im XX-Universum nur in einem Ausnahmefall platziert werden.
- Die sieben Zwerge sind als Mitarbeiter für mindestens ein Jahr nicht einsetzbar: schwere posttraumatische Belastungsstörung.
Fazit:
- Die geplante Einführung der Frauenquote ist im Licht der Erkenntnisse undurchführbar.
Don Corleones Katze schnurrt, Fantomas gießt sich ein Glas Apfelschorle ein und Donkey Kong wabert etwas unscharf an den Rändern. Der tapfere Redner atmet tief ein, zeigt die nächste Folie seiner Präsentation:
Die INTERNE Frauenquote:
MIT Frauen arbeiten statt in der XX-Welt sterben?
Dann versteckt er sich ganz geschwind unter seinem Pult.
Schnappatmende Vorstandmitglieder fallen von den Stühlen. Erste Tomaten fliegen auf die Bühne. Ohnmacht! Radau, Getümmel! Angstschweiß und Testosteron! Fantomas steht auf dem Tisch und hält sein Glas hoch, damit niemand dranstößt.
Don Corleone klatscht in die Hände und ruft eine außerplanmäßige Pinkelpause aus.
"Chehef?" haucht Nurejev im gefliesten Herrenrevier.
"Pronto?"
"Wissen Sie noch? Der Gefallen, den ich Ihnen für meine Idee schulde?"
"Si!"
"Um eine interne Frauenquote zu erfüllen, brauchen wir hier bei uns im Vorstand Frauen, richtig?"
"Si?"
"Die Quote müssen wir erfüllen, sonst haben wir ein dickes Problem, richtig?"
"Si."
"Wir wollen aber keine Weiber hier, richtig?"
"Si! Si!"
"Und keine so genannten weiblichen dämlichen Kommunikationsmuster, Empathie und so. Teamfähig sind wir doch selber!"
"Si! Si! SI!
"Männer, die als Frauen rüberkommen - für die Quotenkontrolleure - könnten unser Problem lösen, richtig?"
"???"
"Tarnfrauen quasi. Die wären dann wie wir." Er deutet auf zur Zeit belüftete Kronjuwelen. "Keine gendergetrennten Toiletten und so wären nötig. Keine Zusatzkosten."
"Bene!"
"Und falls doch so ein Korinthenkacker genauer kontrollieren will, hauen wir ihm eine Klage wegen sexueller Belästigung um die Ohren!"
"Eccelente, ragazzo! Come lo facciamo?"
"Ganz einfach, Chef: Männerballett!"
Abschütteln, einpackeln. Abgemacht. "Dafüä du bisse miä eine Gefallen schuldig, ragazzo..." Italienerglücksgriff.
Als Freiwillige werden in Abwesenheit die sieben Zwerge bestimmt. Die Schulung "Balletteusen-Mimikry" unter der Leitung Nurejevs dauert mindestens ein Jahr. Solange wären die ehemaligen GSG 7er eh nicht regulär einsetzbar. Alle sind glücklich und zufrieden. So zieht die Meute geschlossen und schulterklopfend in die nächste Kneipe, wo das Feierabendbier wartet.
Nachtrag: Das Männerballet wird inzwischen gut gebucht, geliked und steht in der pausenclownischen Rangliste auf Platz 8, zwischen Homer Simpson und Donald Trump.
Herzliche Grüße und bis bald,
Manuela Bößel
Lies hier über Mansplaining: https://milongafuehrer.blogspot.com/2017/08/herrklaren.html
zum neuen Blog: www.tangofish.de
Hi Manu, woher glaubst du zu wissen, wie es in einem Männerkopf zugeht? Ist da deinerseits ein bisserl "Femsplaining" am Werk ;-)
AntwortenLöschenLieber Robert,
LöschenWISSEN tu' ich gar nix.
Aber sich was VORSTELLEN ist doch erlaubt?
Oder was hat da in welche Kerbe getroffen?
Herzliche Grüße,
Manu
"Vorstellen" (bzw "Rumfantasieren über Männer und deren Beweggründe") in einem Zusammenhang, wo auf Männer mit dem Begriff "Mansplaining" "eingeprügelt" wird?
LöschenMag ja sein, dass ich hier in den letzten Jahren etwas sehr empfindlich geworden bin.